Geschichte
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Gründung des Verbands 1989
EUCREA wurde Ende der achtziger Jahre in einer Zeit gegründet, in der sich die künstlerische Arbeit von Menschen mit Behinderungen in Europa gerade im Aufbruch befand. Durch den emanzipatorischen Ansatz im Bereich Kunst und Kultur der achtziger Jahre begünstigt, entstand ein zunehmendes öffentliches Interesse dieser Arbeit gegenüber. Immer mehr Projekte von und mit Künstlern und Künstlerinnen mit Behinderung – insbesondere in den bildenden und darstellenden Künsten – entwickelten sich. Kunst und Kultur wurden in unterschiedlichster Funktion begriffen: als politisches Sprachrohr, therapeutisches Medium, kreativitätsförderndes Angebot oder Ausgangspunkt für künstlerische Auseinandersetzungen.
Da mit dem Wachsen der aktiven Szene ein zunehmendes Bedürfnis nach Vernetzung und Information unter den Aktiven der Szene entstand, wurde EUCREA Deutschland e.V. 1989 mit dem Anspruch gegründet, diese Aufgabe wahrzunehmen. Parallel dazu entstanden gleichnamige Organisationen in verschiedenen europäischen Partnerländern, die anfangs durch die Europäische Union gefördert wurden. Zu den Gründungsmitgliedern von EUCREA Deutschland e.V. zählen der mittlerweile verstorbene Schauspieler und Regisseur Peter Radtke, der Pantomime JOMI und Dieter Basener, der vielen durch den Verlag 53Grad Nord bekannt ist.
Die Geschäftsstelle befand sich von 1989 bis 1996 in München, angesiedelt in der Geschäftsstelle von "Behinderte in den Medien e.V.". Sie zog 1997 nach Hamburg um.
EUCREA Deutschland e.V. veranstaltete von 1993 bis 2001 zunächst im Zweijahresrhythmus, später jährlich das europäische Festival CreArt auf der REHACare-Messe in Düsseldorf, das zum Treffpunkt für Theatermacher, Musiker und bildende Kunstschaffende wurde.
Parallel dazu wuchs die Mitgliederzahl von EUCREA beständig. Mit der Einrichtung einer auf drei Jahre befristeten Stelle mit Unterstützung der Aktion Mensch im Jahre 1998 erweiterten sich die Möglichkeiten von EUCREA, und der Verein konnte an der Weiterentwicklung einer dauerhaften Infrastruktur arbeiten.
EUCREA: Fachtagungen, Diskussion und Information
Durch die zunehmende Institutionalisierung vieler Projekte von und mit Kunstschaffenden mit Behinderung im deutschsprachigen Raum entstand ein Bedarf an Fortbildung und Diskussion unter den Aktiven der Kulturszene. Seither begleitet EUCREA die aktive Szene mit diskursiven und weiterbildenden Formaten und Publikationen: Mit der europäischen Fachtagung WELTSICHTEN in der Handelskammer Hamburg im Jahre 2000 regte EUCREA eine stärkere theoretische Diskussion zwischen unterschiedlichen Fachkreisen an. Die Tagung Show Up rückte 2007 die künstlerische Aus- und Fortbildung von Menschen mit Lernbehinderung in den Vordergrund. Die Tagung VISION ON regte 2013 die Szene zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven an. Seit 2008 veranstaltet der Verband im jährlichen Rhythmus das EUCREA FORUM, ein Tagungsformat, das Beteiligte aus unterschiedlichsten künstlerischen Disziplinen zusammenbringt und in dessen Rahmen aktuelle künstlerische, philosophische, strukturelle und politische Themen verhandelt werden. Zudem finden themenspezifische Fachkonferenzen innerhalb der einzelnen Projekte statt, wie z.B. zum Thema Social Design (2012), Barrierearme Musikinstrumente (SOUNDFORM 2019) oder Projektsummits, in denen sich die rund um EUCREA Arbeitenden treffen und gegenseitig ihre Arbeiten präsentieren (Summit "Sind wir soweit?" 2020). Diese Zusammentreffen sind auch dafür da, neue Kommunikations- und Veranstaltungsformen zwischen Künstler*innen mit und ohne Behinderungen zu erproben, wie z.B. das Trainigslager, das 2022 in der Internationalen Kulturfabrik Kampnagel in Hamburg stattfand.
EUCREA: Kunstprojekte, Kulturveranstaltungen und Wettbewerbe
Parallel zu den Tagungsaktivitäten entwickelte EUCREA eigene Veranstaltungsformate und Wettbewerbe in allen Kunstsparten, die Impulse in die aktive Künstlerszene gaben: 2003 veranstaltete EUCREA den European Song-Contest Disabled Artists im CongressCentrum Hamburg. Im Bereich der bildenden Kunst entwickelte EUCREA zusammen mit dem Verein KUNSTWERK und in enger Kooperation mit dem euward (Europäischer Kunstpreis für Künstler und Künstlerinnen mit einer sogenannten geistigen Behinderung); 2004 die Internetgalerie XPO-Online.net (archiviert), in der sich die wichtigsten Kunstwerkstätten Europas präsentierten. Es folgten verschiedene Ausstellungen im Rahmen der von EUCREA veranstalteten Festivals. Das Projekt "extensions - Vom Ersatz zur Erweiterung" 2002 setzte sich künstlerisch mit dem Thema „Prothektik“ auseinander.
2004 fand im Berliner Theater Hebbel am Ufer (HAU) das europäische Theaterfestival SIMPLE LIFE statt, welches das Leben am Rand der Gesellschaft untersuchte. Thematisch stand der künstlerische Umgang mit Überlebensstrategien im Vordergrund. Das Festival SIMPLE LIFE wurde 2010 erneut in Kooperation mit Kampnagel in Hamburg durchgeführt.
2005 rief EUCREA erstmals einen Literaturwettbewerb für Schreibende mit einer sogenannten geistigen Behinderung ins Leben. Nachdem diesen lange abgesprochen wurde, kreativ schreiben zu können, förderte dieser Wettbewerb eindrucksvolle Arbeiten zu Tage, die in einer Publikation und bei einer öffentlichen Präsentation und Preisverleihung im Literaturhaus Hamburg veröffentlicht wurden. Der Wettbewerb wurde 2008 und 2010 wiederholt.
In den Jahren 2006 und 2007 beteiligte sich EUCREA an CAN DO CAN DANCE, einem Tanzprojekt mit dem britischen Choreografen Royston Maldoom (bekannt durch den Film "Rhythm is it!").
Mit der Auslobung eines ersten Designwettbewerbs für Menschen mit Lernehinderung wandte sich EUCREA 2009 erstmals der angewandten Kunst/dem Design zu. Mit dem Projekt Weltgestalter beschäftigten sich EUCREA und das Kunsthaus KAT18 mit der Erprobung von kooperativen Designprozessen von Gestaltern mit und ohne Behinderungserfahrung. Die Ergebnisse des Projektes wurden auf verschiedenen deutschen Designmessen präsentiert. 2013 wurde der UNIC AWARD, ein zweiter Designpreis für Gestalter mit und ohne Behinderungen, ausgelobt. Partizipative Gestaltungsansätze blieben auch weiter im Mittelpunkt des Interesses von EUCREA: Die HANDWERKSTATT 2016 thematisierte die Neuinterpretation traditioneller handwerklicher Techniken in inklusiven Designteams. Auf dem von EUCREA eingerichteten Internetportal UNIC DESIGN werden neben einer Galerie angewandter Arbeiten die einzelnen Projekte ausführlich dargestellt.
Mit der Veranstaltung des Schwarzmarktes für nützliches Wissen und Nicht-Wissen No. 19 in Kooperation mit der Mobilen Akademie Berlin holte EUCREA ein neues Veranstaltungsformat nach Hamburg: Unter dem Motto „The Extraordinary Ordinary! Behinderung, Technokörper und die Frage der Autonomie“ boten 90 Fachleute mit und ohne Behinderungen ihr spezifisches Wissen an. Der Schwarzmarkt No. 19 fragte danach, wie ‚Behinderung’ das übliche Nachdenken über Autonomie, Körper und Technik durcheinanderbringt.
Eine wichtige neue Initiative startete EUCREA 2018 mit dem Projekt "Soundform - Instrumente für alle". Hier thematisierte der Verband erstmals in Deutschland, inwieweit die digitale Entwicklung neue künstlerische Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung erschließen kann. Unter anderem im Rahmen eines europäischen Symposiums thematisierte EUCREA in Kooperation mit mehreren europäischen Universitäten digitale musikalische Entwicklungen.
Mit dem „Democratic Bootcamp“ 2022 und dem Artist Labor „Theater der Entspannten“ 2023 fanden sich acht Theaterkollektive aus Deutschland und der Schweiz, die in den Freien Darstellenden Künsten arbeiten. In vier Tandems arbeiteten sie an unterschiedlichen Formaten an neuen Formen der künstlerischen Kommunikation zwischen Künstler*innen mit und ohne intellektueller Behinderung.
EUCREA: Ausbildung, Qualifizierung, berufliche Tätigkeit
Das Thema Ausbildung und Qualifizierung bewegt EUCREA seit den neunziger Jahren. Mehrfach bot der Verband Fortbildungsreihen an, die sich Anfang 2000 vornehmlich an Personen wandten, die mit Kunstschaffenden mit Behinderungserfahrung zusammenarbeiteten. 2002 entwickelte der Verband die "Ausbildung zum Kunst-Assistenten", ein zweijähriges, berufsbegleitendes Bildungsangebot, das bis 2006 im Programm war. 2007 entwickelte EUCREA in Kooperation mit der BUFA/Bundesfachakademie Münster die EUCREA AKADEMIE, die einzelne Seminare im Bereich Kulturmanagement, Bildende Kunst, Darstellende Kunst und Musik anbot.
2007 startete EUCREA das Programm SHOW UP, das sich der künstlerischen Aus- und Fortbildung insbesondere von Kreativen mit Lernbehinderung widmete. Neben einer Fachtagung und einer Publikation wurde eine Datenbank (archiviert) entwickelt, die erstmals einen Überblick über Kunstgruppen und künstlerische Angebote für Menschen mit Behinderungserfahrung in Deutschland abbildete.
Mit Beginn der Inklusionsdebatte hat EUCREA seine Aktivitäten zum Thema Ausbildung und Qualifizierung in eine neue Richtung gelenkt. Nachdem sich die künstlerische Bildung für Menschen mit Behinderung seit den neunziger Jahren vornehmlich in die sogenannte "Behindertenhilfe", hier insbesondere in die Werkstätten für Menschen mit Behinderung, verlagert hat, zielen die Aktivitäten von EUCREA darauf ab, die entstandenen Parallelwelten von Hilfsangeboten und Kulturbetrieb aufzulösen. Seit 2015 fokussiert EUCREA Maßnahmen, die auf eine langfristige Verbesserung der Bedingungen für Künstler:innen mit Behinderung im Bereich Bildung und berufliche Teilhabe abzielen. Mit der Veröffentlichung „Diversität im Kunst- und Kulturbetrieb in Deutschland: Künstler*innen mit Behinderung sichtbar machen“ https://www.eucrea.de/images/downloads/Diversitaet_Online_4.pdf legte EUCREA 2018 erstmals ein Papier vor, das sichtbar machte, auf welchen Ebenen Veränderungen vorgenommen werden müssen, um Inklusion im künstlerischen Betrieb in Deutschland zu erreichen. Das Papier wurde mit den Kulturbeauftragten aller Bundesländer unter der Federführung der Behörde für Kultur und Medien in Hamburg diskutiert.
Seit 2015 arbeitet EUCREA an dem Programm ARTplus, das 2015/2016 zunächst im Modellraum Hamburg begann. ARTplus zeigt in Form von einzelnen Fallbeispielen auf, wie Kooperationen zwischen Künstler*innen mit Behinderungen und dem Kulturbetrieb stattfinden und Qualifizierungsmöglichkeiten für Künstler*innen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung tätig sind, verbessert werden können. Mit dem Programm CONNECT _ Kunst im Prozess wurde das in Hamburg erprobte Modell 2018 - 2020 in Kooperation mit Sachsen, Niedersachsen und Hamburg weitergeführt.
2021 konnte EUCREA das Programm ARTplus in den Bundesländern Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin ausweiten. Nun allerdings unter einem deutlich veränderten Konzept: Angesprochen wurden junge Kreative, die eine künstlerische Ausbildung außerhalb der Behindertenhilfe anstreben mit dem Ziel, einen selbstständigen beruflichen Weg einzuschlagen. 36 Kreative mit unterschiedlichen Behinderungen nahmen an dem Pilotprogramm 2021 – 2023 teil. In zehn künstlerischen Hochschulen (Musik, bildende und darstellende Künste) in den beteiligten Bundesländern wurden Zugang und Teilhabeformen erprobt. Das Pilotprogramm führte dazu, das erstmal sechs Kreative mit intellektuellen Behinderungen an der HKS Ottersberg offiziell immatrikuliert wurden. Aus dem Pilotptogramm konnten EUCREA gundsätzliche Erkenntnisse sammeln, was sich in der Bildungslandschaft ändern muss, damit künstlerische Ausbildung dauerhaft für alle talentierten Menschen zugänglich wird. Zum einen brauchen Kreative mit Behinderungen, die eine künstlerische Ausbildung anstreben, individuelle Unterstützung, was im ersten Schritt zur Gründung der INTO Beratungsstelle führte. Seit 2024 können sich Künstler*innen mit Behinderungen und die, die es werden wollen, von EUCREA beraten lassen. EUCREA bietet Kurz- und Intensivberatungen, zum Beispiel zu Themen wie künstlerisches Studium, Vernetzung, Professionalisierung, Finanzierung und rechtlichen Fragen. Im weiteren Verlauf folgen Fortbildungsangebote und Netzwerktreffen.
Zum anderen unterstützt EUCREA künstlerische Ausbildungspartner in der Umsetzung eines inklusiven Bildungsbetriebs. Beratung, Vermittlung, Veröffentlichung und Strukturaufbau bietet EUCREA seit 2024 in den Bundesländern Niedersachsen, Hamburg und Berlin an, weitere folgen.
Hier gelangen Sie zu einer chronologischen Übersicht zur Entwicklung/Veröffentlichung der Kunst von Menschen mit Behinderungserfahrung seit 1970.
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Eucrea gibt es seit 1989.
Seit 1980 wurden die Arbeiten von Künstlern und Künstlerinnen mit Behinderungen
in Europa bekannt.
Das Interesse an dieser Kunst wurde größer.
Es gab immer mehr Kunstwerke. Bilder und Kunst-Gegenstände.
Die Kunstwerke waren sehr verschieden und etwas Neues.
Die Kunst sollte Menschen mit Behinderung helfen,
dass es ihnen mit dieser Arbeit besser geht.
Dabei entstanden ganz besondere Kunstwerke.
Menschen ohne Behinderung sind noch nicht auf diese besonderen Ideen gekommen.
Es gab immer mehr Künstler und Künstlerinnen mit Behinderungen.
Sie wollten sich untereinander austauschen.
Deshalb hat sich der Verein EUCREA gegründet.
In anderen Ländern Europas wurden auch Vereine gegründet.
Es gab immer mehr Menschen,
die sich für die Arbeit von EUCREA interessierten.
Die Menschen wurden Mitglieder im Verein EUCREA
und unterstützen damit die Arbeit von EUCREA.
EUCREA macht heute viele Veranstaltungen
und Veröffentlichungen.
Veröffentlichungen sind zum Beispiel
Hefte, Bücher, Plakate oder Texte im Internet.
Wir unterstützen die Zusammenarbeit zwischen den Künstlern
und Künstlerinnen mit und ohne Behinderung.
Wir fördern Weiterbildungen für die Künstler und Künstlerinnen.
Wir setzen uns für Arbeitsplätze für Künstler und Künstlerinnen mit Behinderungen ein.
Darüber sprechen wir auch in unseren Fachtagungen.
Wir sprechen über die Kunst und über die Möglichkeiten
für die Künstler und Künstlerinnen mit Behinderungen.
Alle Menschen sollen wissen, dass es Kunst
von Menschen mit Behinderungen gibt.
Und was Menschen mit Behinderungen brauchen,
damit sie ihre Arbeit gut machen können.
Unser Verein EUCREA hat über 90 Mitglieder.
Die Mitglieder sind Unternehmen und Einzelpersonen.